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Urheberrechtsdiskussion

Während ich mit Kistenauspacken beschäftigt war, hat das Netz fleißig über ein Radiointerview mit Sven Regener debattiert. Man nennt sowas auch eine neue Sau durchs Dorf treiben, aber das klingt so abwertend. Denn auch wenn Regeners Aussprüche wenig konstruktiv sind, so haben sie doch eine lebhafte und konstruktive Diskussion um das Thema Urheberrecht in Deutschland entfacht.

Ich habe dazu natürlich auch eine Meinung, verweise aber lieber auf Leute, die das alles viel schlauer und eleganter formulieren können als ich. Einen guten Einstieg in das Thema bietet z.B. Fritz Effenberger, der Regener mit fünf Überraschungen antwortet. Beim Rechtsanwalt Thomas Stadler gibt es eine etwas tiefergehende, aber dennoch lesenswerte Analyse zum Urheberrecht im Allgemeinen und der Argumente von Regener im Speziellen. Ein paar weitere Links hat Felix Schwenzel hier zusammengetragen. Zusammenfassend kann man festhalten, dass die meisten Leute, die so ins Internet schreiben, Regener die Zustimmung verwehren.

Die eingangs erwähnte konstuktive Diskussion gibt es aber auch. Felix Schwenzel zum Beispiel fordert in der Taz zu mehr gegenseitigem Respekt auf, denn gegenseitiger Respekt ist die Grundlage für gegenseitigen Respekt*. Aber Schwenzel geht noch einen Schritt weiter und dementiert (mal wieder) das Argument der Kostenloskultur.

Ich finde die Diskussion spannend und notwendig, ich habe das seltsame Gefühl, dass das Thema Urheberrecht unsere Gesellschaft über kurz oder lang spürbar verändern kann – im Guten wie im Schlechten. So wie uns das Internet die Möglichkeiten gegeben hat, frei miteinander zu teilen und zu kommunizieren, kann eine falsche Entwicklung um das Thema Urheberrecht den neu gewonnenen Fortschritt auch wieder ins Gegenteil verkehren. Hier gibt es eine Auflistung von zehn Wünschen der Urheberrechtsindustrie an die Gesetzgebung – sie stammen aus dem „Wirtschaftsdialog für mehr Kooperation bei der Bekämpfung der Internetpiraterie“ vom Bundeswirtschaftsministerium, Internet-Providern und Rechteinhabern und sind im Wesentlichen die gleichen Kernforderungen, die auch hinter ACTA, SOPA, PIPA usw. stehen. Es braucht nicht viel Fantasie, sich auszumalen, was eine derartige Infrastruktur für Auswirkungen auf z.B. die Meinungsfreiheit haben dürfte.

Das Thema ist natürlich weltumspannend und irre komplex. Aber man kann die Argumente der Urheberrechtsindustrie-Lobby ja auch Stück für Stück widerlegen. Eines davon hat mich bei der Sven Regener – Diskussion förmlich angesprungen. In einem Interview mit der Berliner Morgenpost aus dem Jahr 2010 sagt Regener u.a.:

Das Sein bestimmt das Bewusstsein. Wenn es so kommt und es für Musik kein Geld mehr gibt, dann wird Musik nicht mehr gemacht.

Das ist eine beliebte Phrase der Musikindustrie: Sie behauptet, wenn ihr Geschäftsmodell gefährdet ist, ist damit auch unsere Kultur dem Untergang geweiht. Nun ja, ich mache Musik, ohne je einen Cent dafür gesehen zu haben und werde das auch weiter tun. Weil es Spaß macht. Und ich bin damit nicht allein. Kunst findet immer einen Weg.

* Haste keinen gegenseitigen Respekt, haste keinen gegenseitigen Respekt!

  1. Es labern immer nur Leute, die mit dem Biz nix zu tun haben. noch nie auch nur einen Cent mit Musik verdient haben. Sprich: ihr seid pure Theoretiker und schnackt einfach im Wunschdenken.

    • Wir alle haben mittlerweile täglich mit dem Urheberrecht zu tun. Der 13-jährige Musikdownloader ist damit genauso konfrontiert, wie der Fan der seine Band bei YT nicht sehen darf oder die 50-jährige Hausfrau, die wegen eines Brötchenfotos auf ihrem Kochblog abgemahnt wird. Das Urheberrecht geht alle an und nicht nur die Nische namens Musikindustrie. Wir brauchen eine Regelung, die nicht mehr das Wohl weniger über das vieler stellt.

      Ich sags ganz ehrlich: Das Biz ist mir egal. Wir hören auf, den Kohleabbau zu subventionieren. Warum sollten wir die Musikindustrie künstlich am Leben erhalten?

      PS: Meine Flattr-Einnahmen adeln mich nach deiner Logik zum Praktiker. Ich hab sogar schon ganze 129 Cents mit Musik verdient. Ha!

  2. Weil Musik nich Kohleabbau ist- Darum.
    Man kann das nun wirklich nicht vergleichen. Es geht um Kunst.
    Geht auch nicht um „Lebenserhaltende Massnahmen“.

    129 cent.. kaufst Du dir nun ein neues Mischpult oder fliegste mit Lars Ulrich zum Surfen nach Hawai? Das is doch albern.

    • Ich habe nicht Musik mit Kohleabbau verglichen, sondern die Industrie dahinter. Wobei ich den Vergleich mit den Trockeneis-Lieferanten viel passender finde, die damals mit dem Aufkommen von Kühlschränken in jedem Haushalt plötzlich arbeitslos wurden. Hätten die damals eine stärke Lobby gehabt, hätten sie vielleicht eine Zwangsabgabe auf jeden Kühlschrank durchsetzen können, um weiter im Biz zu bleiben. Klar hinken all diese Vergleiche irgendwo, aber die Lösungsansätze, die da diskutiert werden, sind ähnlich absurd.

      Dabei ist es nicht hilfreich, wenn einer wie Regener sich hinstellt und ein widerlegtes Feindbild zementiert. Wie gesagt: Ich behaupte, die Musik würde nicht verschwinden, wenn die Industrie dahinter den Bach runter ginge – um bei meinen Vergleichen zu bleiben: Wir können auch ohne Kohle noch heizen und ohne Trockeneis den Champus kühlen. Die Kulturlandschaft würde sich verändern, aber nicht verschwinden.

      Ich habe die 129 Cent direkt reinvestiert in Kultur, also habe irgendeine coole Webseite geflattrt, vermutlich irgendwas mit toller Musik, weil ich an sich gar nichts dagegen habe, Künstler für ihre Kunst zu entlohnen.

  3. Und Regener redet auch von Musik und sich selbst als Musiker. Mehr nicht.

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