in real life

Der mit dem Wolf tanzt

Ein bisschen peinlich ist mir das schon, aber so sehr ich mir auch den Kopf zerbrochen habe: Ein Artikel, der das folgende Foto enthält, auf dem ich mit einem Wolf tanze, kann einfach keinen anderen Titel haben. Sorry.


Darf ich bitten

Es war ein anstrengendes Wochenende, als ich mich durch die Wildnis des polaren Kanadas gekämpft habe, um eigenhändig einen Polarwolf niederzuringen. Es war ein langes und zähes Ringen, bis ich das wilde, aggressive und menschenscheue Tier dazu gebracht habe, mir aus der Hand zu fressen…

Ok, es war jetzt nicht direkt die kanadische Wildnis, sondern eher der Wildpark Lüneburger Heide. Und gerungen habe ich eigentlich nur mit dem Verkehr bei der Anfahrt, statt mit einem Wolf. Und mit menschenscheu, wild und aggressiv meine ich eher sowas wie zutraulich, handaufgezogen und allgemein sehr umgänglich. Aber ansonsten stimmt die Geschichte.

Einmal mit echten Wölfen spielen, so oder ähnlich klang der Wunschtraum von einer guten Freundin von uns, und weil man im Internet eben wirklich alles findet, auch Erfahrungsberichte von Leuten, die mit echten Wölfen gespielt haben, haben wir uns auf gemacht, in den Wildpark Lüneburger Heide, wo man mit echten Wölfen spielen kann.


Hudson Bay Wolf

Bei dem Thema Wölfe in besagtem Wildpark hat eine Frau namens Tanja Askani das Sagen. Bei ihr werden offenbar die meisten oder alle Wölfe großgezogen, wenn möglich bei ihr zu Hause mit ihren sonstigen Haustieren. Das sieht dann etwa so aus (Vorsicht: Niedlich!). Für die Tiere ist ein direkter Kontakt zum Menschen also alltäglich und völlig normal.

Ich bin kein großer Freund von eingesperrten Wildtieren, aber in dem Fall sieht das etwas anders aus: Die Tiere sind unheimlich entspannt in der Nähe von Menschen, es geht ihnen gut.

Ich habe mich gefragt, warum mir Wölfe nie so wirklich im Gedächtnis geblieben sind. Als Kind war man ja oft in Tierparks oder Zoos, aber es waren immer die Tiger und Löwen, die den meisten Eindruck hinterlassen haben. Warum eigentlich nie Wölfe, wo sie doch an sich total beeindruckende Kreaturen sind und – völlig zu unrecht – in allerlei gruseligen Märchen, Geschichten und Mythen auftauchen?


Europäische Grauwölfe

Die Antwort ist relativ simpel: Alle Wolfsarten sind unglaublich scheu. Auf Grund ihres schlechten Rufes werden Wölfe überall auf der Welt gejagt. Der scheueste Wolf überlebt. Survival of the scheuest, quasi. In den Zoos und Tierparks dieser Welt hat das zur Folge, dass die Wolfsgehege die langweiligsten von allen sind, weil die Tiere sich tagsüber verstecken, so gut es eben geht.

Die an Menschen gewöhnten Tiere im Wildpark Lüneburger Heide hingegen wirken sehr entspannt in ihrem Gehege. Sie laufen unbeschwert herum, spielen miteinander und freuen sich über jeden Hund, der am Zaun steht und kläfft. Ich glaube kaum, dass ich das schreibe, aber das ist tatsächlich sowas wie eine Win-Win-Situation für Tier und Besucher.


Europäischer Grauwolf

Aber das ist ja noch gar nicht alles. Handaufgezogene Wölfe haben eine sehr enge Bindung zu ihrer Ersatzmutter, so dass Frau Askani die Möglichkeit hat, regelmäßig beeindruckende Shows mit den Tieren zu geben. Sie geht dann mit Mikro bewaffnet in die Gehege, wo sich sofort alle Tiere auf sie stürzen und von ihr kraulen lassen, und erzählt dem versammelten Besuchermob faszinierende Details aus dem Wolfsalltag. Das sieht dann in etwa so aus:

Oder so:

Wie jeder gute Entertainer, hat auch sie ihr Repertoire an guten Witzen zur Hand, die sie mit äußerst sympathischem tschechischen Akzent zum Besten gibt. Etwa diesen hier:

Lass das! Mit zwei Zungen im Mund, ich nicht kann reden!

Im Anschluss an diese Show, durfte die Gruppe derer, die das besondere Wolfserlebnis gebucht hatte, in das Zwischengehege. Das war ein kleiner Zwinger mit Sitzbänken, zwischen den beiden Gehegen der weißen und der grauen Wölfe. Mit Taschen voller Leckerlis saßen wir auf den Bänken, als die Tür zu den Hudson Bay Wölfen geöffnet wurde und sich drei große weiße Wölfe zu uns gesellten.


Hudson Bay Wolf

Natürlich gab es vorher eine Einweisung. Die Sache mit den Leckerlis war relativ wichtig, da die Wölfe nur darüber zu irgendwelchen Aktivitäten zu überreden waren. Man kann Wölfe zähmen, sie aber zu nichts zwingen oder gar dressieren. Alles, was die Wölfe bei unserer Begegnung taten, basierte auf Freiwilligkeit – jedenfalls auf Seite des Wolfes. Das Futter half nur beim Überreden.

Und es half dabei, uns einander vorzustellen. Es gibt zur Zeit genau drei Hudson Bay Wölfe in dem Gehege: Nanuk – der Alte, Noran – der Große und Naaja – die kleine Hexenprinzessin. Wer mag, kann letzterer auf Facebook folgen. Die drei haben uns mit unterschiedlichem Enthusiasmus die Leckerlis aus den Händen gerissen und uns beschnuppert. Und mit beschnuppert meine ich: MIR FAST DIE NASE ABGEBISSEN!!!!!

Aber das gehörte zum Programm, aus unerfindlichen Gründen läuft bei Wölfen wohl viel über Gesicht ablecken und gegenseitig anknabbern und wer bei so einer einmaligen Gelegenheit mitmachen möchte, sollte nicht allzu zimperlich sein. Und bevor ich euch Sorgen macht*: Meine Nase sieht nicht schlimmer aus als vorher.


Das Gehege der Hudson Bay Wölfe

Nach einer kleinen Pause folgte Phase zwei unserer Begegnung: Das Fotoshooting. Wir gingen in das Gehege und ich habe jetzt eine ungefähre Ahnung davon, wie sich die Tiere auf der anderen Seite des Zauns so fühlen, wenn hunderte von Zoobesuchern an ihnen vorbeiziehen. Während wir dort mitten im Wolfsgehege saßen, kamen bestimmt ein paar hundert Leute vorbei, die das Schauspiel von draußen äußerst neidisch beobachteten.

Das Shooting lief folgendermaßen ab: Unsere Gruppe saß im Halbkreis im vorderen Teil des Gegeges. Nacheinander wurde jeder von uns – die Taschen voller Leckerlis – in die Mitte zum Hügel geführt, wo wir uns zunächst sitzend platzierten. Die Wölfe wurden mit Leckerlis auf den Hügel hinter uns gelockt. Mit den Leckerlis in den Taschen und Händen und den Wölfen hinter uns, entstanden die ersten Fotos, die etwa so aussahen:

Oder auch so:

Frau Askani hat dann üblicherweise Kommandos gegeben, also für uns, nicht für die Wölfe. Das war dann meistens etwas wie:

Und jetzt tun, als würde man Spaß haben!

Oder:

Und jetzt entspannt gucken!

Oder:

Nicht in Kamera gucken!

Oder auch:

Du hast Wolf in Tasche!


Wolf in Tasche

Wenn dabei irgendwann ein brauchbares Bild bei rumgekommen ist, ging es weiter mit Pose Nummer zwei, die im Idealfall so aussehen sollte:

Noran – der Große – hat in dem Bereich viel Erfahrung – ganz im Gegensatz zu seinen menschlichen Mitspielern – und die Sache insgesamt ganz gut im Griff. Wenn man Pech hat, entscheidet er sich aber auch dafür, kurz den Pool aufzusuchen, bevor er das Shooting fortsetzt.

Dritter und letzter Teil des Shootings war die Wolfsbegegnung in der Hocke. Zu dem Zeitpunkt ist jeder schon halbwegs routiniert, also, die Wölfe sowieso, die machen das jedes Wochenende, aber auch die meisten Menschen haben dann so langsam verstanden, wie sie zu brauchbaren Bildern gelangen.

Nachdem jeder in der Gruppe dieses Spiel einmal hinter sich gebracht hatte, begann der entspannte Teil. Die Menschen saßen und ließen sich spannende Details über Wölfe, Handaufzucht und TV-Produktion erzählen und die Wölfe ließen sich streicheln. Über eine Stunde saßen wir so rum und fingen an zu vergessen, dass wir mit Wildtieren in einem Gehege waren.

Naaja – die Hexenprinzessin – und alle Gruppenmitglieder mit Zöpfen hatten dabei besonders viel Spaß: Naaja hat eine Vorliebe für Haargummis, die sie versucht, sorgfältig und zärtlich aus den Zöpfen der Besucherinnen zu entfernen. Was sie natürlich nicht darf, was man ihr natürlich mitteilt, woraufhin sie aufhört und dafür natürlich belohnt werden will, was sie natürlich auf die Idee bringt, dass man das Spiel doch wiederholen könnte. Sie ist ein cleveres Wölfchen, aber auch das ist eine Win-Win-Situation, denn solche Fotos bekommt man nicht oft:

Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, so als Geschenk und Wunschtraumerfüllung hat die ganze Aktion halbwegs funktioniert:


Gute Freundin sieht glücklich aus

Leider hatten wir keine Zeit mehr, uns den Rest des Wildparks anzuschauen. Das werden wir recht bald nachholen. Mehr über Tanja Askani und ihre Wölfe erfährt man auf ihrer Webseite. Dort gibt es viele Videos und Fotos und auch die Möglichkeit, Begegnungen zu buchen – wenn wieder Termine zur Verfügung stehen. Sie hat uns auch erzählt, dass sie in einer der Tierpark-Dokus zu sehen ist, Alpaca, Lurch und Opossum oder sowas, ihr wisst schon. Der Import von Naaja aus Kanada wurde in der Dokumentation Wolfskind Naaja – Von Kanada in die Heide festgehalten.

* Ich weiß, dass ihr das nicht tut, aber trotzdem.

  1. Is ja witzig, aber n bisschen mulmig is einem doch sicher auch wenn da son großer weißer Wolf…hm der hexer?…auf einen zu kommt?

    Hast das auf jedenfall, trotz Sprachbarriere gut gemeistert. Und erstens war das ein toller KC Film und zweitens, wer kann schon behaupten schonmal Wolf in Tasche gehabt zu haben? 😉

    • … ich hatte auch schon Erfahrung mit dem „Taschenwolf“ gemacht und es war super… und ich habe auch erfolgreich um mein Haarband gekämpft 🙂

      ich kann es jedem nur empfehlen… 🙂

  2. Übrigens habe ich mir diverse Witze mit Großstadtwolf etc. gesparrt, dir zur Liebe.

  3. Tolle Bilder. Ein bisschen Mut gehört aber auch dazu, um den Wölfen so nahe zu kommem.
    Gut gemacht !!!!!!!!!!!!!

  4. Durfte auch schon ei paar mal zu den Wölfen hinein.
    Es ist wirklich ein klasse Gefühl so nah an diese Tiere herranzikommen.
    Auf jedenfall Empfehlenswert.

  5. So beeindruckend die Tiere auch sind, sonderlich viel Mut gehört da nicht dazu, ins Gehege zu steigen. Man wird ja bestens drauf vorbereitet, lernt die Regeln kennen und lernt auch, dass die Wölfe etwaiges Unbehagen zunächst auch erstmal akkustisch signalisieren, bevor sie dazu übergehen, Körperteile zu entfernen.

    Es ist im Gegenteil eher so, dass man – nachdem Frau Askani ihre tägliche Show durchgezogen hat – sehr dringend rein will zu den Tieren. Respekt und Bewunderung sind vollkommen angebracht, den Mut sollte man sich für andere Gelegenheiten aufsparen.

Kommentare sind nicht mehr möglich