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Abmahnwahnsinn

Dass Blogs als Kulturform in Deutschland nicht so richtig durchstarten – im Gegensatz zu den USA zum Beispiel – hat sicher viele Gründe. Ein gewichtiger solcher dürfte die nach wie vor unsichere Rechtslage sein, der man sich als Blogger aussetzt. Im Moment zieht wieder eine Abmahnwelle durch Blogosphäre ihre Kreise, bei der sich offenbar eine Bildagentur irgendwelche Bildrechte gesichert hat und jetzt Blogs abgemahnt, die diese Bilder vor ein paar Jahren mal veröffentlicht haben. In einigen Fällen ist das sogar mit Segen der Künstler passiert.

Klar, es gibt Gesetze, gegen die die betroffenen Blogger verstoßen haben. Selbst schuld. Was soll der Trubel? Das Problem ist, dass man selbst mit dem OK der Künstler nichts ohne Risiko veröffentlichen kann. Die Rechtesituation ist so unübersichtlich, dass Nicht-Juristen keine Chance haben und in einigen Fällen hätten selbst die keine Chance. Blogs als Kulturform werden in Deutschland quasi schon per Gesetz klein gehalten – die deutsche Gesetzgebung ist schlicht kulturfeindlich.

Die wenigsten der betroffenen Blogs sind kommerziell geschweige denn kommerziell erfolgreich. Aber soweit muss man gar nicht gehen: In Deutschland dürften etwa 9 von 10 Facebook-Accounts gegen das geltende Urheberrecht verstoßen (gleiches gilt für fast alle anderen sozialen Netzwerke). Es gibt nur noch niemanden der ernsthaft versucht hat, Abmahnungen durchzusetzen. Da alle sozialen Netzwerke gerade schwer daran arbeiten ihre Datenqualität in den Griff zu bekommen und für alle Nutzer Klarnamen durchsetzen, ist das wohl nur noch eine Frage der Zeit.

Startups wie Pinterest oder Tumblr hätten in Deutschland auf Grund des Urheberrechts nie eine Chance gehabt, erfolgreich zu werden. Unsere Gesetze sind also nicht nur kulturfeindlich, sondern stehen auch unserem wirtschaftlichen Erfolg im Wege.

Ich wollte das nur erwähnt haben, falls mal wieder jemand fragt, warum die Piraten gewählt werden. Es geht nicht um Raubkopierer. Diesem Land fehlt ganz ganz dringend ein entspannterer Umgang mit dem Urheberrecht, eine Anpassung an die digitale Lebenswirklichkeit. In den USA ist das beispielsweise gar kein Problem: Es gibt eine Fair-Use-Regelung und alles ist gut. Es könnte so einfach sein…

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