Nachgeladen – Anatomie eines großartigen Abends

Über die Fete de la Musique hatte ich an dieser Stelle leider nicht berichtet. Ging irgendwie in meinem Urlaub unter, dabei hatte ich da einen wundervollen Abend. Auf dem Lausitzer Platz gabs sehr schöne elektronische Tanzmusik. Ein Beatboxer hatte die Menge aufgewärmt, Rich and Kool haben ein wundervolles Set gespielt, Pitchtuner haben gut gerockt und zu guter letzt habens Nachlader dann total versaut. Es fing nämlich ganz leicht an zu nieseln, weswegen sie nach zwei Songs bereits aufhörten. Angeblich wollte das der Veranstalter so. Pah, olle Michelin-Reifen-Fahrer!

Am Donnerstag waren sie zu Gast bei der Steven Records Labelnight und hatten die Chance, das alles wieder gut zu machen.

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Aber Nachlader waren an diesem Abend natürlich der Top-Act, somit also erst am Ende des Abends zu hören. Zuvor hatte der geneigte Zuschauer die Gelegenheit, viele neue und gänzlich unbekannte Bands kennen zu lernen.

Woodruff and the Shnibble of Azimuth
Woodruff and the Shnibble of Azimuth

Den Anfang machten die Leipziger Woodruff and the Snibble of Azimuth. Allein wegen des Namens hätten sie sofort alle Sympathiepunkte von mir bekommen, aber was der Sänger dann trotz des leeren Postbahnhofs für eine coole Show abgezogen hat, war schon irgendwie putzig.
(Btw: Hat noch wer das Game irgendwo rumliegen?)

Woodruff and the Shnibble of Azimuth
Woodruff and the Shnibble of Azimuth

Die Damenwelt war jedenfalls hin und weg von dem charismatischen Frontmann. Der Rest der Band brauchte noch etwas, um warm zu werden.

Woodruff and the Shnibble of Azimuth
Woodruff and the Shnibble of Azimuth – Die Crowd rockt ohne Ende

Getanzt hat zu diesem Zeitpunkt allerdings nur einer. Der Rest hielt sich im Halbschatten des hinteren Zuschauerbereichs tapfer am Bier fest. Keine Energie verschwenden, der Abend wird ja noch lang.
Dabei hättens Woodruff and the Snibble of Azimuth durchaus verdient, dass man zu ihrem Sound ordentlich Kalorien verbrennt. Sie machen nämlich sehr gute Musik und ich wünsche es ihnen sehr, dass sie damit mehr Erfolg haben werden!
Auf der Webseite kann man übrigens ein paar Hörproben runterladen.

Alles Gute
Alles Gute

Die nächste Band hörte auf den Namen Aromatherapie. Die hab ich aber verpasst, da saßen wir nämlich draußen im Biergarten. Sorry, keine Fotos.

Alles Gute
Alles Gute

Zu der sympathischen Frauenpower-Band Alles Gute war ich natürlich wieder vor Ort. Viele viele Mädchen an den verschiedensten Instrumenten und mittendrin ein Kerl. Kann sowas gut gehen? Tja, das ist so ein wunder Punkt. Viele Frauen auf einem Haufen machen ja bekanntlich immer Schwierigkeiten. In diesem Zusammenhang fällt schon schnell mal das Schimpfwort Zickenkrieg.
Mir fällt dummerweise auch gerade keine Band ein, die größtenteils aus Frauen besteht und sonderlich lange bestehen würde. Helft mir mal…

Alles Gute
Alles Gute – Mehr oder weniger

Auf der Bühne war von dem ganzen Ärger jedoch erstmal nichts zu spüren. Der Auftritt war rundum sympathisch und das Publikum war begeistert. Alles habe ich davon allerdings auch nicht mitbekommen, ich wurde enorm abgelenkt. Dennoch war mein Eindruck durchweg positiv.

Alles Gute
Alles Gute

Einige der Bandmitgliederinnen erschienen hinterher jedoch recht aufgelöst. Das gelte auch für die Band, haben sie gesagt. Nun, was auch immer hinter der Bühne nach dem Auftritt vorgefallen ist, ich hoffe wirklich sie raufen sich wieder zusammen. Ihre Musik hätte das auf jeden Fall verdient!

Eddie
Eddie

Die vierte und letzte Band von Steven Recors an diesem Abend hieß Eddie. Sie zogen eine sehr sympathische Unplugged-Session durch. Von allen Bands des Abends wirkten sie am Professionellsten. Sie waren schon recht abgeklärt, die vier Jungs.

Eddie
Eddie

Auch wenn ich mit der Musik auf Dauer nicht viel anfangen könnte, war es angesichts des noch immer recht leeren Clubs recht passend. In vielen Gästen wuchs der Drang nach Kilkenny oder Guiness und Holztischen.

Superleutnant
Superleutnant

Jetzt war es Zeit für die Superstars, die Special Guests des Abends sozusagen. Den Anfang machte die Berliner Power-Pop-Band Superleutnant.

Superleutnant
Superleutnant

Leider hat mich der Sound in dem Moment so überhaupt nicht angesprochen, so zogen wir uns wieder in den Biergarten zurück, um fachlich und betrunken darüber zu diskutieren, worin genau der Unterschied zwischen antiauthoritär und autodidaktisch läge. (Fragt nicht!)

Nachlader
Nachlader

Schließlich starteten Nachlader durch und gaben dem Publikum die Möglichkeit, die aufgestaute Energie zu entladen. Der Club war immer noch nicht voller geworden. Ich muss mir endlich mal angewöhnen, solche Events auch vorher zu promoten, statt immer nur hinter her drüber zu schreiben.

Nachlader
Nachlader

Ich hab mal irgendwo gelesen, dass man im Zusammenhang von Clubkonzerten immer das Wort intim irgendwo einbauen muss. Jedenfalls dann, wenn man etwas auf sich und seine musikjournalistischen Fähigkeiten hält. Das tue ich zwar nicht im Geringsten, aber ich mach das jetzt trotzdem mal: Gerade durch diese Leere und die geringe Dichte des Publikums – was nicht heißen soll, dass nicht ein unbeträchtlicher Teil desselbigen ziemlich dicht gewesen wäre – wirkte dieser Auftritt unglaublich intim!

Nachlader
Nachlader

Die drei Leute auf der Bühne waren quasi zum Anfassen nah. Und auch wenn sie natürlich alles arrogante Supertypen sind, ließ sich der Kontakt zum Publikum nicht verhindern.

Nachlader
Nachlader

Aus den anfangs lediglich zwei besoffenen Idioten, die einsam vor der Bühne tanzten, wurde schon nach wenigen Songs eine ganze Horde von ausflippenden Partypeople. Jedenfalls soweit ich das von da vorne mitbekommen habe.

Nachlader
Nachlader

So wirklich schwer war das aber auch nicht, ich meine, wer kann bei Hits wie Arbeitsgeld, Fett und An die Wand schon großartig die Füße still halten.

Nachlader
Nachlader

Arbeitsgeld ist übrigens ne Mitmachnummer, wie ich an diesem Abend gelernt habe. Keine Ahnung wieso, aber es hat funktioniert. Selbst in diesen harten Zeiten haben die Leute ihre letzten Cents zusammengekratzt. Ob sich die Ausbeute gelohnt hat, weiß ich allerdings nicht.

Nachlader
Nachlader feat. Bühnenterrorist

Apropos Mitmachnummer: Einer aus dem Publikum hat das auf seine ganz eigene Art und Weise interpretiert. Dieser besoffene Penner Der charismatische junge Mann der auch bei der erfolgreichen Eklektro-Combo Anandamid kräftig in die Tasten haut, hat kurzer Hand die Bühne bestiegen, dem Sänger das Mikro geklaut und mitgesungen.
Das qualifizierte Sicherheitspersonal des Clubs konnte in der Folge auch weitere Aktionen dieser Art nicht verhindern, so dass sich Nachlader am Ende sogar noch zu einer kleinen Zugabe gewzungen sahen.

Nachlader
Nachlader

Mit zu wenig Schlaf, einem üblen Schädel und Augenringen, die nicht nur entfernt an die Ausmaße des Mariannengrabens erinnern, bin ich am nächsten Morgen zur Arbeitsagentur gewankt und habe mich nach freien Stellen als Zombiedarsteller erkundigt. Romero tut ja wieder was..
Ob der Herr Bühnenterrorist später noch Prügel und Hausverbot oder doch Sex und Drogen bekommen hat, bleibt bisweilen ungeklärt. Zuletzt sah ich ihn Richtung Backstage verschwinden.