Superbooth ist eine Musikmesse mit Schwerpunkt auf modularen Synthesizern, die – wenn nicht gerade Pandemie ist – jedes Jahr im Mai im FEZ in der Wuhlheide stattfindet. Ich war vor der Pandemie das erste mal da, also 2019. Inzwischen habe ich selbst angefangen, mir ein modulares Setup aufzubauen, daher bin ich dieses Jahr mit etwas konkreteren Vorstellungen hingegangen.
Ich schreib das dieses Jahr mal auf, weil ich mir gestern weder Notizen noch großartig Fotos gemacht habe, also mach ich meine Notizen einfach mal öffentlich.
Irgendwie bin ich leider völlig planlos und vor allem viel zu spät hingefahren. Auf Grund der Events, die da so über den Tag stattfinden, ging ich davon aus, dass man erst so nachmittags hinfahren müsse. Das hatte ich 2019 zwar auch so gemacht, aber im Gegensatz zu damals hatte ich gestern eigentlich frei und den ganzen Tag zur Verfügung. Das war jetzt nicht so richtig schlimm, weil ich trotzdem viel gesehen habe und mir nach 4h sowieso der Schädel brummte, aber fürs nächste Mal kann man sich ruhig etwas mehr Zeit nehmen.
Es ist übrigens eine faszinierende Veranstaltung mit einer sehr speziellen Atmosphäre. Anders als 2019 wurden die Aussteller dieses Jahr großzügiger und flächiger verteilt. Man drängt sich nicht mehr eng auf eng im FEZ-Hauptgebäude, sondern ist zusätzlich verteilt in einer kleinen Zeltstadt und dem Bungalowdorf untergebracht. Das verlängert die Laufwege spürbar, aber ist auch nicht unangenehm, verleiht dem ganzen etwas Festivalcharakter.
An dem Lärmpegel, dem man an den Städen ausgesetzt ist, ändert das alles überraschend wenig, denn es sind ja doch meist 4-6 Aussteller, die sich ein Raum oder Zelt teilen und alle wollen den wunderbaren Krach vorführen, den ihre Maschinen produzieren.
Am meisten Spaß hat man vermutlich, wenn man sich hier und da mal bei den kleineren Ausstellern dazu stellt. Man kommt recht easy ins Gespräch und die sind immer recht begeistert dabei einem auch wirklich alles zu erklären, dass es manchmal eine echte Herausforderung ist, sich da wieder höflich zu verabschieden.
Die folgenden Aussteller habe ich mir genauer angeschaut und mir auch erklären lassen:
Ganz am Anfang bin ich bei dem Stand von Polyend vorbeigekommen, die vor 2 Jahren mit dem Polyend Tracker bei älteren Menschen große Retro-Gefühle geweckt haben könnten. Tracker nannte man die Software, mit der man im frühen Computer-Zeitalter Musik gemacht hat, vor allem auf dem Amiga und Atari und so. Polyend hat das Prinzip mit dem Tracker in Hardware gegossen. Dieses Jahr aber lag der Focus auf der Groovebox Polyend Play, die bestimmt auch toll ist, aber für mich recht uninteressant.
Wesentlich interessanter für mich war der Stand von 4ms, von denen ich weiß, dass sie sehr gute Module bauen, die definitiv auch für mich interessant sein könnten. Ich war allerdings etwas überfordert, die Module in deren Setup auszuprobieren, wo jeweils 5-6 Module verbaut waren. Wenn man gar keine Anhaltspunkte hat, was davon was tut, dann stöpselt man da willkürlich Kabel und hört ggf. kaum einen Effekt. Beim nächsten Mal, quatsch ich einfach jemanden an und lass mir das alles ausführlich erklären, hab ich mich in dem Moment aber noch nicht getraut.
In der Nähe von 4ms war der Stand von Bastl Instruments. Keine Ahnung, wer das ist, aber ich konnte mich kaum dagegen wehren, als mir eine Dame von dem Stand ein Softpop SP2 in die Hand gedrückt hat. Ist bestimmt ein nettes Gerät, aber das Funktionsprinzip erschloss sich mir nicht sofort.
Dann bin ich irgendwie bei Oxi Instruments gelandet, wo mir der Oxi One vorgestellt wurde, ein crowdgefundeter Midicontroller und -Sequenzer. Sah ganz nett aus und kann man sich mal merken, wenn man sowas mal braucht.
Bei 2 Many Synths hab ich mir mal ne Visitenkarte mitgenommen, weil die wirklich schöne Racks bauen, auch wenn ich sowas vermutlich nie brauchen werde.
Dann war ich draußen unterwegs und bin mal kurz in das Zelt von u-He gegangen. Ich mag die ja eigentlich vor allem wegen ihrer Software-Instrumente und -Effekte, die ich in meiner Musik ausgiebig nutze. Da gabs immerhin einen spannenden Prototyp zu sehen, der irgendwann auch mal Bestandteil von Zebra 3 sein wird. Viel konkreter aber sind die neuen Hardware-Module, die sie dabei hatten: Einen analogen Filter und einen digitalen Envelope-Generator. Haben beide noch keinen Namen und so richtig Termine wollten sie auch nicht nennen – vielleicht Ende Sommer, aber der Filter mit seiner Sättigung (genannt: Core Temperature) sah schon sehr interessant aus.
Extra wegen Endorphin.es bin ich dann rüber ins Bungalowdorf, um mir das neue Effektplugin anzuschauen, dass in Zusammenarbeit mit Andrew Huang entstanden ist. Das Teil nennt sich Ghost und klingt auf Anhieb so, wie sich die Videos von Andrew Huang so anhören. Das wird spätestens wenn er sein Erklärvideo dazu raushaut einen großen Haben-Wollen-Reflex auslösen. Vermutlich sind auch die restlichen Sachen von Endorphin.es sehr gut, aber es hat sich nicht so richtig angeboten, da tiefer einzusteigen.
Wieder zurück in der Zeltstadt bin ich bei Mantissa hängen geblieben, ein junger Entwickler, der zwei seiner Prototypen dabei hatte und mir beide sehr ausführlich erklärt hat: Ein Oscillator und ein Sequenzer, beide digital und sehr mathematisch angelegt. Der Sequenzer ist bestimmt interessant, aber auf Grund der mathematischen Prinzipien dahinter, kaum vorhersehbar einsetzbar. Ich weiß, das widerspricht sich etwas, aber zumindest ich mache meine Musik ohne die Hilfe von Excel oder Mathematica. Als Modulationsquelle ist der aber durchaus nicht uninteressant. Spannender für mich dürfte der Oscillator sein, jedenfalls hat er auf Anhieb in der Vorführung Sounds produziert, die mir gut gefielen. Da werd ich mal ein Auge drauf haben.
Ich hab mich übrigens mit Frederic von Mantissa sehr nett unterhalten, so ne Viertelstunde bestimmt, auf Englisch. Die deutsche Handynummer auf seiner Seite weckt in mir den Verdacht, dass das ein viel einfacheres Gespräch hätte sein können.
Anschließend bin ich am Stand von Metabolic Devices mit dem Iren Robin sehr nett ins Gespräch gekommen und war sehr fasziniert davon, mit welcher Begeisterung er mir auch noch am Ende eines Messetages jedes einzelne der Module vorgestellt hat, die er dabei hatte. Scheint ein interessanter Hersteller zu sein, den ich mal im Blick behalten werde. Vor allem der Moonwalker – eine Art Funktionsgenerator – hat mich fasziniert, muss ich mir mal näher anschauen.
Dann war ich eigentlich schon durch und bin nur noch ein wenig ziellos durch die Zelte spaziert, als ich schon wieder bei einem Hardware-Tracker hängen blieb. Diesmal als Eurorack-Module. Den NerdSeq von XOR Electronics gibt es offenbar schon ein paar Jahre länger als den Polyend Tracker und er ist sehr gut und hat viele Funktionen. Der gute Mann an dem Stand hat sich sehr viel Mühe gegeben und mir mit Begeisterung alle Features erklärt, während ich überfordert daneben stand und nach einem höflichen Ausweg gesucht habe. Am Ende ist es sicher ein toller Sequenzer, aber ich hab hier erst drei Module und ein Squenzer, mit dem ich ein Orchestergraben voller Euroracks ansteuern kann, steht in meiner Prioliste gerade etwas weiter unten.
Aber ich will mich gar nicht beschweren, genau diese Begeisterung, die man da überall spürt, ist es ja, was diese Messe so großartig macht. Es war übrigens dieser letzte Stand, an dem ich war, wo mir eingefallen ist, dass ich ja auch hätte Fotos machen können von all den coolen Dingen, die ich mir angeschaut habe. Nun, besser spät als nie.