in real life

Superbooth 2023

Ich bin mit meinem modularen System noch keinen Schritt weiter als vor einem Jahr, was verschiedene Gründe hat, die viel damit zu tun haben, dass ich mich einfach nicht entscheiden kann und dass außerdem die interessanten Module, die ich letztes Jahr auf der Superbooth gesehen habe, immer noch nicht erschienen sind.

Ganz konkret möchte ich mein Setup um einen Filter und einen Envelope Generator erweitern. Das hatte heute immerhin den Vorteil, dass ich bei den meisten Herstellern recht konkrete Fragen stellen konnte. Ob mir das bei einer Entscheidungsfindung hilft, bleibt abzuwarten.

4ms – Shaped Dual EnvVCA ist nicht im Bild, dafür aber der auch sehr interessante Ensemble Oscillator

Dabei hat es recht vielversprechend angefangen, als ich erneut zuerst am Stand von 4ms gelandet bin. Dieses Mal habe ich direkt das Gespräch gesucht und mit dem Entwickler von deren Shaped Dual EnvVCA gesprochen. Ich war eigentlich schon soweit, die etwas kleinere Version davon zu kaufen, den Dual EnvVCA, aber natürlich hatter der gute Mann ein paar sehr überzeugende Argumente, warum die Shaped-Variante viel besser ist. Das ist ärgerlich, weil das Modul größer und teurer ist. Auf der anderen Seite war das Thema Envelope Generator dafür eigentlich geklärt, das Teil wirds wohl werden.

Es war ein überaus nettes Gespräch und ein sehr netter Einstieg in den Messetag. 4ms war eigentlich da, um seine neuen DIY-Kits vom Sampler und Delay vorzustellen. Die sahen auch nett aus und wenn man selber löten kann, kann man da spannende Module für vergleichsweise wenig Geld kriegen. Für mich ist da vorerst noch nicht so interessant.

In der gleichen Halle ist mir noch der Stand von St3nd aufgefallen, die Ständer für Musikhardware anbieten. So ein Ständer könnte irgendwann nützlich werden (that’s what she said), also hab ich eine Visitenkarte mitgenommen.

Ghost (u.a.) von Endorphin.es

Ich glaube, danach bin ich bei Endorphin.es hängen geblieben. Die hatten letztes Jahr Ghost vorgestellt, was ich aber nur oberflächlich angeschaut habe. Dieses Jahr habe ich mich mit den Entwicklern unterhalten und es mir noch mal genauer vorführen lassen. Ghost ist ein Multi-Effektmodul mit Filter, Distortion, Delay, Reverb und Compression. Das war mir eigentlich immer ne Nummer zu viel in einem Modul. Heute kam mir aber der Gedanke, dass ich damit recht viele Fliegen mit einer Klappe erschlagen könnte in meinem kleinen System. Hmmm.

Endorphin.es hatten ihren Stand direkt neben dem Auditorium, wo über den Tag verteilt diverse Konzerte veranstaltet wurden. Da kam dann ein Typ raus, der Leute vor den umliegenden Ständen mal eben rekrutiert hat, zum Konzert des Modular Synthesizer Ensembles zu gehen, bei dem eine Schulklasse mit 12 modularen Synthesizern zusammen musiziert hat. Wie ich gerade nachgelesen habe, war das kleine Konzert das Ergebnis eines 4-stündigen Workshops, in dem die Kids das Stück erarbeitet haben. Damit sie ihre Musik nicht vor einem leeren Saal performen müssen, wurde eben Publikum rekrutiert.

Modular Synthesizer Ensemble

Das war aber gar nicht schlimm, ich bin da recht freiwillig reingegangen, fand die kleine Performance ganz nett und war vor allem neidisch auf die Kids: Sowas hätte ich zu meiner Zeit auch gern mitgemacht. War übrigens eine Schulklasse aus Königs Wusterhausen, genauer aus der Gesamtschule Niederlehme.

Danach war ich bei einem Stand von Synthetic State bei denen mir nicht auf Anhieb klar war, was sie da präsentiert haben. Es ging um MIDI-gesteuerte Bühnenbeleuchtung. Ich war mir immer sicher, dass sowas schon existieren müsse, ist es doch eigentlich der naheliegendste Weg, um Licht zur Musik zu synchronisieren. Scheint aber neu zu sein und wenn ihr ne Band oder ein Club seid und sowas braucht, wisst ihr jetzt, wo ihr euch informieren könnt.

Bei Audeze hatte ich kurz Kopfhörer für 1.500 € auf den Ohren, die zu wenig Bass hatten und in den mittleren Höhen recht spitz klangen. Mit wurden dann welche für 1.200 € gereicht (LCD-2 Classic Closed), die ganz okay waren. Seh gerade im Netz, dass man die auch easy schon für 999 € bekommt. Schnäppchen.

Grainity von Klavis

Klavis ist mir bei meinen Recherchen im Vorfeld schon aufgefallen, da sie mit Grainity einen spannenden Filter angekündigt haben. Ein granularer Filter ist erstmal gar nicht das, was ich suche, aber wie sich rausstellt, funktioniert er auch als klassischer Filter. Das wäre also nicht das Problem. Denke aber nach der Demo nicht, dass der Klavis zu mir passt.

Direkt gegenüber von Klavis bin ich mit einem Herren von Kaona ins Gespräch gekommen, der mir den sehr hübschen Sequenzer Skippy vorgestellt hat. Kann gar nicht einschätzen, was das Ding am Ende kann, aber es war sehr hübsch.

Skippy von Kaona

Bei Shakmat habe ich dann wieder Filter gefunden, gleich zwei Stück haben sie im Programm. Oder „werden sie haben“, denn das sehr interessante Centaur’s Gate ist natürlich noch nicht zu kaufen, kommt irgendann im Sommer. Es handelt sich dabei um zwei Multimode-Filter, die auch Low Pass Gate sein können, was spannend sein kann, aber eben auch vor allem für percussive Klänge relevant ist, wenn ich das richtig verstanden habe. Mit Dual Dagger hatten sie noch einen etwas einfacheren Filter vor Ort, der zumindest verfügbar wäre.

Die beiden Filter von Shakmat

Obwohl mein Focus dieses Jahr noch stärker auf der modularen Welt lag, als sonst, bin ich dann doch bei zwei Synthesizern hängen geblieben. Der eine heißt Monolab von Superlative und ich kann gar nicht sagen, ob der gut klingt, aber der sah einfach wahnsinnig hübsch aus. Erinnert an die Sachen von Teenage Engineering, soll aber preislich nicht ganz so eskalieren, wie mir der Entwickler dieses Ein-Mann-Projektes erzählte.

Monolab von Superlative

Kiviak Instruments hatten einen Prototyp ihres kleinen Retro-Synths Wofi mit dabei. Die Klangerzeugung soll dabei an die Casios und Yamahas der 80er erinnern, gleichzeitig soll er aber auch die Konnektivität des 21 Jahrhunderts mitbringen und durch Cloud-Anbindung erweiterbar sein. Auch dieses gute Stück war wunderschön und hatte eine spannende Effekt-Sektion, die demnächst separat als Plugin erscheinen soll.

Wofi von Kiviak Instruments

Bei Noise Engineering war ich dann wieder zurück auf meiner Filter-Mission. Mit dem Roucha Legio hatten sie sogar ein neues Teil dabei, ein gut klingender Filter mit spannender Wavefolding-Distortion. Das herausstechende Merkmal scheint allerdings der Bypass zu sein, der sich mit CV triggern lässt und somit rhythmisch sicher gut spielen lässt. Bin mir aber nicht sicher, ob das für meinen ersten Filter so relevant wäre.

Roucha Legio von Noise Engineering

Was aber noch viel spannder war: Wenn man ein Modul von aus der Legio-Reihe kauft, kann man dieses jederzeit via Software-Update umwandeln in ein anderes Modul der Legio-Reihe, da die Module alle gleich aufgebaut sind. Ggf. kann man sich auch eine neue Front dafür separat kaufen. Spannendes Plattformkonzept, funktioniert auch mit den Versio-Modulen.

Die Versio-Module von Noise Engineering

Ein bisschen gegen meinen Willen, wurde mir sehr viel Gutes über den Orange Vocoder von Zynaptiq erzählt. Ich war ja gar nicht auf der Suche nach Software. Klang aber durchaus interessant und scheint eine sinnvolle, wenn auch ähnlich teure, Alternative zum VocalSynth von iZotope zu sein.

Wie bei jeder Superbooth, habe ich auch heute bei u-He vorbeigeschaut. Die sind ja mittlerweile auch im Hardwarebereich unterwegs oder wären es zumindest gerne. Ihre Ankündigungen vom letzten Jahr haben es leider immer noch nicht in die Läden geschafft und es sieht auch in diesem Jahr nicht danach aus. Allein WireTap – eine Art Funktionsgenerator – soll wohl bis Ende des Jahres veröffentlicht werden, aber Filter und Envelope Generator bleiben weiter ohne Termin.

Prototypen bei u-He

Dafür siehts auf der Softwareseite konkreter aus. Das rundum renovierte Filterscape sieht schon recht fertig aus und könnte noch im Sommer rauskommen, mit Zebralette 3 kriegen wir vielleicht schon dieses Jahr einen Ausblick auf Zebra 3.

Von den Produkten abgesehen, war es aber auch hier wieder sehr nett, mit den Leuten hinter den Produkten zu sprechen. Ich hab ein paar spannende Einblicke in die Produktionsprozesse bekommen und auch darüber, was hinter den Kulissen so in Sachen Audioberechnung auf der GPU passiert.

TB-303

Aus irgendeinem Grund war es mir ein Anliegen, bei Expert Sleepers vorbei zu gehen und eine Frage zum ES-6 zu stellen, die mir eigentlich die Webseite schon beantwortet hatte. Keine Ahnung, warum ich mir da größeren Erkenntnis gewinn erhofft hatte. Hab mich mit dem Herren dort aber trotzdem nett unterhalten und mir auch mal den Filter zeigen lassen, von dem ich gar nicht wusste, das ES den im Programm haben.

Filter von Expert Sleepers

Eines der spannendsten Gespräche hatte ich mit zwei Herren aus den USA, die einen Midi-Sequenzer mit dem nichtssagenden Namen ElectroJam vorgestellt haben. Da ich für mich gerade nicht nach einem Sequenzer suche, hat mich das Produkt nicht im Detail interessiert, ich fand aber den Design-Ansatz spannend: Die Menü-Navigation wird einem akkustisch über Wortmeldungen mitgeteilt. Die Idee dahinter ist, dass auch Menschen mit Sehbehinderung damit Musik machen können.

ElectroJam

Einer der Entwickler ist davon leider selbst betroffen und hat zwar gelernt, dass er trotzdem mit modularen Synthesizern jammen kann, aber, dass sich da eben auch viel verbessern lässt. Der Sequenzer ist da jetzt der erste Schritt. In ein, zwei Jahren soll daraus mal ein eigener Synthesizer als Komplettsystem erwachsen.

Eine leicht merkwürdige Begegnung hatte ich beim Stand von Beep Boop. Auch hier steckt hinter dem Projekt nur ein einzelner Mensch, der uns sein Tape Rack vorgestellt hat: Ein Modul, das Kassettentape bearbeiten kann, womit sich schöne Verzerrungen, Delays und Loops erzeugen lassen. War eines der lautesten Zelte, also ließ sich das Ergebnis gar nicht so richtig gut bewerten, aber auch das war nur ein Prototyp und sah noch nach heftiger Bastelei aus.

Tape Rack von Beep Boop

Merkwürdig wurde es dann, als ein Mann aus Katowice sich als Inhaber eines Synthesizer-Shops vorstellte und einen Businesskontakt herstellen wollte. Der Herr Beep Boop hat das freundlich abgelehnt und auf seinen Distributor verwiesen und auch erzählt, dass er das alles gar nicht wegen des Geldes mache. Naja, hinterher, als ich noch nach einem Filter fragen wollte (ja, ein Ripples-Nachbau), hat er mir sichtlich geschockt davon erzählt, dass ihn das alles total überfordere und er eigentlich gar nichts mit so vielen menschlichen Kontakten anfangen könne. Das war der vielleicht mutigste Mann, den ich heute traf.

This Is Not Rocket Science

This Is Not Rocket Science hatten leider keine Filter im Angebot, dafür aber ein sehr schönes und buntes Reverb mit dem noch viel schöneren Namen Bopp & Steve. Direkt neben TINRS habe ich eine ganze Reihe wunderschöner Filter- und Distortion-Module von Making Sound Machines gefunden. Die Module sind recht einfach gehalten und leider ist jeweils die Verzerrung – die Farbe – nicht CV-modulierbar. Dafür werden sie wohl recht preisgünstig ausfallen und sollen auch als DYI-Kit erhältlich sein.

Making Sound Machines

Ganz zum Schluss, als ich eigentlich schon durch war mit dem Tag und gehen wollte, bin ich dann doch noch kurz zum Bungalow-Dorf rüber und hab das vielleicht spannendstes Filtermodul des Tages entdeckt: Das Tempête Magnétique von Eowave. Es handelt sich dabei um einen vierfachen komplexen Multimode-Filter. Für meine Zwecke vermutlich etwas Overkill und auch recht groß für mein kleines Case. Aber das Ding klang wirklich gut und soll preislich mit etwa 350 € auch noch recht moderat ausfallen. Ist aber – wie sollte es anders sein – noch gar nicht erhältlich.

Tempête Magnétique von Eowave